Vom 26. bis 30.12.2023 fand zum 39. Mal das Böblinger Open statt. Nachdem es letztes Jahr pandemiebedingt nur ein Turnier gegeben hatte, gab es diesmal sowohl das A-Turnier (DWZ/Elo > 1900) als auch das B-Turnier (bis DWZ/Elo 2000), in dem ich an den Start ging. Die neun Runden wurden mit 90 Minuten für 40 Züge, 30 Minuten für den Rest und 30 Sekunden pro Zug gespielt.
Da ich in Böblingen bei der letzten Ausgabe bereits starke Resultate erzielen konnte, erwartete ich, dass ich in diesem Jahr um vordere Plätze mitspielen könnte.
Runde 1
Als an Rang 79 aus 169 Teilnehmern Gesetzter, traf ich am ersten Tag, mit nur einer Runde, auf eine Gegnerin die weder DWZ noch Elo hatte. Ich konnte sie direkt in der Eröffnung unter Druck setzen und sie fand nicht die stärksten Züge. Weil sie neben zwei Bauern auch noch die Qualität verlor, konnte ich den Sieg souverän nach Hause bringen.
Runde 2
Leider sollten meine Ambitionen schon in der zweiten Runde einen herben Dämpfer erhalten. Mit den schwarzen Steinen übersah ich nach der Eröffnung eine Idee meines Gegners (1552 DWZ/1765 Elo). Dadurch stand ich permanent schlechter und brach durch weitere kleine Ungenauigkeiten schließlich zusammen.
Runde 3
Nachmittags waren Fritz und Gert zu Gast und sprachen mir vor meinem abschließenden Duell des ersten Tages gegen einen jungen Gegner mit 968 DWZ noch einmal Mut zu. Ich war besorgt, da er zu Beginn einen 1600er geschlagen hatte und ich mir keine Niederlage leisten konnte. Es stellte sich heraus, dass ich meinen Gegner aus der Eröffnung heraus dominierte, seine Fehler gnadenlos bestrafte und ihn mit 95 (!) Minuten auf der Uhr mattsetzte. Diese Demonstration an Stärke brachte nochmal ordentlich Selbstvertrauen für die folgenden Runden.
Runde 4
Am nächsten Morgen traf ich zum ersten Mal auf einen etwas angsteinflößenderen Gegner, da dieser immerhin eine DWZ von 1821 und eine Elo von 1741 vorzuweisen hatte. Jedoch spielte er in der Eröffnung ungenau und versuchte auch nach dem Verlust eines Bauern nicht durch dynamisches Spiel Chancen zu kreieren. So gewann ich zeitweise sogar zwei weitere Bauern und wickelte in ein gewonnenes Läuferendspiel ab.
Runde 5
Beflügelt von diesem Sieg wollte ich in der folgenden Runde sofort nachlegen. Mein Gegner (1722 DWZ/1716 Elo) kannte sich in der Eröffnung sehr gut aus, sodass wir elf Züge Theorie herunterblitzten. Danach gewann ich jedoch die Oberhand und eroberte durch eine taktische Sequenz einen Bauern. Beim Übergang ins Endspiel war ich leider zu ungeduldig und tauschte beide Türme (was wohl noch in Ordnung war) und stellte im gleichfarbigen Läuferendspiel aber alle Bauern auf die falsche Farbe, wodurch nicht mehr als ein Remis drin war.
Runde 6
In der sechsten Runde spielte ich gegen einen Gegner mit 1836 DWZ und 1799 Elo. Er war etwas besser vorbereitet als ich, weshalb er in einer Variante, in der ich frühzeitig einen Bauern aufgab, besser stand. Mir ging die Kompensation aus, weshalb ich durch eine taktische Variante ins Endspiel mit Minusbauer, aber ungleichfarbigen Läufern gehen wollte. Er wollte aber am Drücker bleiben und machte einen Fehler. Diese Gelegenheit nutzte ich für ein Turmopfer, welches mir Vorteil durch seinen unsicheren König bot. Wenig später griff er dann erneut fehl, was mir erlaubte denselben Turm nochmal anzubieten und Material zu gewinnen. Kurz danach gab er auf.
Runde 7
Hier drang ich erstmals an die besten zehn Bretter vor und duellierte mich mit einem älteren Gegner (1787 DWZ/1838 Elo), der aber bis jetzt ein sehr gutes Turnier gespielt hatte. Doch bei ihm machten sich erste Müdigkeitserscheinungen breit, denn er stellte aus dem Nichts eine Figur ein. So stand ich nach sieben Partien bei 5,5 Punkten auf Tabellenplatz 10.
Runde 8
Nachdem die letzten Tage überaus erfolgreich waren, erwartete ich an Brett drei spielend nicht, dass es so weitergehen wird. Doch da mein starker Gegner mit 1844 Elo und 1845 DWZ einen Einbruch auf der a-Linie zuließ, hatte ich auch in diesem Spiel einen Bauern mehr und hätte sogar gewinnen können, wenn ich einen weiteren Bauern genommen hätte. Ich entschloss mich aber dazu, vorsichtiger zu sein, weil ich dachte, dass ich den Bauern sowieso bekäme. Dies stellte sich als ein Irrtum heraus und mein Gegner konnte sich ins Remis retten.
Runde 9
Nach dieser verpassten Gelegenheit haderte ich etwas mit mir, doch das Turnier war noch nicht vorbei und der größte Brocken lag noch vor mir: Mein Gegner mit fast 2000 DWZ ließ sich auf eine Variante ein, in der ich einen Bauern abgebe, aber sehr viel Aktivität und Raum erhalte. Leider kannte ich die richtigen Züge nicht mehr, und so spielte ich nicht dynamisch genug, wodurch meine Stellung nach einigen Zügen in Trümmern lag. Duch Fehler seinerseits konnte ich mich aber zurückkämpfen und stand in einem zwar immer noch verlorenen, aber kompliziertem Endspiel mit meinem Turm und Bauer gegen seinen Springer und drei verbundenen Bauern. Er ließ auch diese Möglichkeit aus und ich fand einige schwere Züge, doch im entscheidenden Moment übersah ich in Panik mit 38 Sekunden auf der Uhr das Remis und musste mich geschlagen geben.
Ärgerlicherweise verpasste ich durch die Fehler am letzten Tag einen Geldpreis um fünf Feinwertungspunkte (Gegnerschnitt). Dennoch habe ich mit Platz 19 und einer Performance von 1851 ein sehr starkes Turnier gespielt und kann mich über ein Elo- und DWZ-Plus von 92 bzw. 65 Punkten freuen. Ich hoffe nun während der nächsten drei Turniere im Januar (WAM, KO-WAM und BJEM) erstmals die 1800 DWZ zu erreichen.
Abschließend noch einige Highlights aus den Partien:
Das Endspiel in Runde 4 war ein klarer Sieg:
In Runde 6 konnte ich zwei Turmopfer entkorken:
Hier verpasste ich den Sieg:
Ein weiterer verpasster halber Punkt:
4 Kommentare
Rafael · 14. Januar 2024 um 15:45
Das war eine starke Leistung, herzlichen Glückwunsch! Bei DWZ 1800 sehe ich dich auch aktuell und in den nächsten zwei Jahren überholst du uns dann alle, da bin ich mir auch sicher.
Markus · 14. Januar 2024 um 16:52
Ein unglaubliches Turnier, mit einem wohlverdienten Ergebnis. Jan Philipp hat eine tolle Entwicklung genommen, und mit seinem ersten Artikel auch gezeigt, dass er noch viel mehr kann 🙂 Weiter so, und behalte die Freude am Spiel!
Tom · 15. Januar 2024 um 0:13
Vielen Dank für den sehr interessanten, kurzweiligen Einblick und den intensven Tunierbericht! Gratulation zu deinem schönen Erfolg! Weiter so und das „Treppchen“ wird bald in Reichweite sein!
Kai · 15. Januar 2024 um 21:42
Klasse Turnierbericht, passend zum Ergebnis! 🙂