Auch dieses Jahr war mit Wilfried wieder ein Spieler vom Schachclub Stetten beim Sommerschachturnier in Dortmund mit dabei. Im Dietrich-Keuning-Haus, nahe dem Hauptbahnhof und dem Deutschen Fußballmuseum gelegen, traten 67 Spieler an über 7 Runden mit 90min + 30sek/Zug. Und es sollten wilde Partien werden …

Nach Setzliste auf Platz 31 galt es für Wilfried zumindest darum das gute Ergebnis vom letzten Jahr zu bestätigen und eine ausgeglichene Bilanz anzustreben, so dass die gute DWZ von 1610 erhalten bleibt. Wilfried selber war optimistischer, er strebte mit einem Augenzwinkern eine Titelnorm an. Ob das gelingen konnte, berichtet er selber, er hat zu jeder Runde seine Gedanken und Erlebnisse geschildert:

Runde 1:

Heute bekam ich den 1. Punkt, aber wie bereits vermutet von ganz unten 1177-94 DWZ. Die Zahl habe ich daheim erstmal gegoogled, live wußte ich es nicht genau, aber so ungefähr ahnte ich es bereits. Du ahnst nicht WER der Gegner war, DER der letztes Jahr dir fast einen Herzinfarkt verursacht hatte, wegen der schlechtesten Partie des Turnieres, Dieter Strotmann. Heute spielte er aber ordentlich, da konzentrierte ich mich auch bestmöglichst um es nichts zu vermurksen. Das klappte auch dann ganz gut, glaube am Ende 1x einen Murkszug gespielt, sonst aber ok. Im 33. Zug spielte ich Td7 was völliger Murks war, mich störte sein Springer auf d5, sah aber nicht, er konnte auch nach f6 ziehen. War aber nicht schlimm, zum Glück war Zeit (spieltechnisch gesehen) kein Problem. Ich sah ja seinen Bauern g7 angreifen zu können, wollte aber erst den Springer von d5 da wegtreiben. Danach umdisponiert & auf den e-Bauern gegangen, da gab er auf. Ich plante falls der Turm deckt Turmtausch, anschließend den a-Bauern mit dem Springer abholen. Oder falls er vorzieht den Bauern mit Springertausch zu gewinnen. 2 Mehrbauern wären auch beim Turmendspiel ‚meistens‘ gewinnbar, mit einem Mehrbauern wollte ich ein Turmendspiel vermeiden.

Du wunderst dich vielleicht über die zahlreichen Springerzüge. Das war ein sehr langfristiger Plan, ich wollte seinen Läufer abtauschen wonach am Damenflügel seine Bauern schwach werden würden. Als es dann endlich soweit war guckte ich etwas genauer hin & fand einen schönen Zwischenzug wonach direkt ein Bauer weg war + der erwünschte Läufer.


Runde 2:

Heute kann ich mich kurz fassen. Vermutlich war es eine Theorieeröffnung, der Gegner dachte überhaupt nicht nach & ich war nach 12 Zügen völlig breit! So schnell hatte ich beim Sommerschach auch noch nie verloren. Qualität wäre weg & die ganze Stellung eine Katastrophe, da gab ich dann auf, das hätte wenig Sinn gemacht weiterzuspielen. Nach 8 Zügen bereits hatte ich schon wenig Spaß an der Partie aber nach 12 Zügen war alles kaputtgewesen. Vermutlich kannte der das sogar noch weiter denn bis hierhin dachte der überhaupt nicht nach & zog immer sofort.

Anscheinend hat Christian die DWZ aktualisiert, heute stimmten die Zahlen in der Tabelle, gestern noch nicht. Aber mit 1998 hatte ich falsch geguckt, das war nur der Jahrgang, glaube 1889 stand drin & 1883-28 hat der aber wirklich. Ich muß sehen wen ich jetzt bekomme, sollte wieder schlagbar sein. So ein Theoriemonster bekomme ich wohl so schnell nicht nochmal.


Runde 3:

Heute gewonnen! Ich bekam den Jürgen Schacht 1417-141 DWZ. Der ist aus meinem 1. Verein Rochade Eving von damals & wir kennen uns bereits seit 1980. Da wußte ich gleich, einfach wird es nicht werden, ist ein zäher Knochen & spielte Früher Bezirksklasse bei ca. 160 Ingo. Zufällig hat der heute auch noch seinen 80. Geburtstag.

Ich wußte aber von früher bereits, der hat wenig Kämpferherz, WENN der schlechter steht gibt es recht zeitig auf. Heute stand er zwar gedrückt & so langsam kam ich dem König auf Besuch, aber ganz durch war ich auch noch nicht gewesen, das war ein langes Geknete. Die Läufer waren schnell vom Brett & er wollte gerne abtauschen, aber ich vermied es einige Zeit weil er irgendwie Löcher in seiner Bauernstruktur hatte & ich gerne einen Bauern gewinnen wollte. Das gelang zwar noch nicht, dafür wäre er aber beinahe matt gegangen mit Epaulettenmatt sogar. Es wurde heute Holländisch gespielt. Als er es zog war mir auch so als ob der das öfter schonmal spielte, vorher hatte ich es aber vergessen, war aber nicht schlimm, so in etwa weiß ich wie man sowas mit Weiß spielt.


Runde 4:

Heute war ich überfordert. Es fing harmlos an, aber der Druck wurde immer größer. Dann mußte ich einen Springer nach b8 zurückstellen um einen Bauern auf a6 zu decken. Vermutlich hätte ich den Bauern geben müssen, denn der Springer konnte nie mehr zurück ins Spiel & der Gegner hatte praktisch eine Figur mehr auf dem Brett. Dann kam noch ein Mattangriff wo der Springer verloren ging & eine Qualität wäre anschließend auch noch weggewesen. Da gab ich dann auf.

Ich hielt mich zwar einige Zeit aber stand immer schlechter je länger wir spielten. Der hieß Yi Lin, dachte ein Chinese. Aber der sah eher wie Jemand aus Hawaii aus, die dunklere Hautfarbe & größere Augen. 1869-40 DWZ + 1950 ELO hat der. Seit 7 Jahren ist er schon bei Hansa sagt er. Auch er sprach fließend deutsch.


Runde 5:

Heute wieder gewonnen! Der Gegner hat sich veropfert, dachte vermutlich das geht Matt, aber das war falsch. Ich hatte aber auch etwas Angst gehabt vor seinen Bauern am Königsflügel. Ich ‚hoffte‘ mit dem Mehrspringer die bremsen zu können, war aber etwas unsicher ob das klappen kann. Dann opferte er nochmal –  was Murks war, ein Dauerschach war nirgends in Sicht. Dann nahm ich ihn auseinander. Im 28. Zug bot er noch remis, was ich aber ablehnte, da bekam er vermutlich schon etwas Angst.

Die Eröffnung improvisierte ich mal wieder, hatte keine Ahnung wie sowas korrekt gespielt werden muß. Das war entweder Damenfianchetto oder dieses Owens, das geht ja so ähnlich. Irgendwie habe ich aber alle Klötzchen entwickelt bekommen.


Runde 6:

Heute mußte ich gegen Max Bilau spielen, DWZ 1866-47 + ELO 1752 glaube Jahrgang 1999 ist der.

Wir spielten Nimzowitschindische Verteidigung, die ich eigentlich einigermaßen gut kenne. Er spielte aber eine Variante, die ich auch noch nie sah, mit f3 im 4. Zug. Nun ja, ich guckte mir das an & der Sinn sollte wohl sein damit ein stabiles Bauernzentrum zu bekommen. Der blitzte das runter bis Zug 12, erst dann dachte er lange nach, weil ihm vermutlich nicht paßte daß ich seinen Läufer abtauschen konnte.

Der Druck auf meinem König wurde aber immer größer & irgendwann war keine Verteidigung mehr möglich gewesen. Ich glaube, der machte es sogar etwas umständlich, ich dachte an einer Stelle, jetzt ist er da schon durch & hielt mich noch einige Zeit länger.


Runde 7:

Ich bekam heute nur ein Remis, vermutlich habe ich einen Sieg zum Remis vermurkst. Ich war nicht sicher was besser wäre, den Bauern vorbeiziehen oder schlagen. Ich zog vorbei, danach geguckt, schlagen wird ebenfalls remis. Dann war der Fehler das Qualitätsopfer gewesen! Ich rechnete das durch, bekomme 2 Züge eher eine Dame & machte das dann. Aber er hat Dauerschach was ich machen muß, denn weiche ich ab verliert das sogar noch. Ich hätte mit der Qualität spielen müssen, das war vermutlich mein Fehler gewesen. Schlage ich den Bauern hilft es auch nichts weil er die Opposition bekommt & es geht nicht weiter. Die einzige Chance wäre demnach den Läufer NICHT zu schlagen. Der Gegner hieß Petro Lukanenko & war ein Opi aus der Ukraine. 1439-4 hat der, ist erst glaube 4 Jahre hier, spielte aber früher natürlich. Ein Kollege übersetzte mir das.

Der nahm plötzlich sein Handy & sprach da was rein. Ich ging dann sofort zu Christian & meinte, der telefoniert während der Partie! Christian konnte solche Dreistigkeit kaum fassen, dann stellte sich aber heraus, er hatte ein Remisangebot gemacht & das Handy übersetzte das in deutsch. Das war ja dann ok, im 30. Zug war das gewesen. Wir spielten aber weiter & beim 2.x zeigte er mir das Handy, es war ja bereits eingegeeben, da stand dann ich biete remis & darüber die russischen Hyroglyphen. Das nahm ich dann ja an. Beim 1.x sah ich den Bildschirm nicht weil ich direkt zu Christian ging & DER hat das dann gelesen & mir weitergegeben.

Ein schönes Endspiel, schade daß die 2 Tempi in dem Fall nichts nutzten, sowas ahnt man ja auch nicht.


3,5 Punkte aus 7 Runden reichten zum 31.ten Platz, genau der Setzliste entsprechend. Damit verliert Wilfried nur eine handvoll DWZ, dass er die starken Gegner immer mit Schwarz bespielen musste, kostete ihm im Endeffekt ein besseres Ergebnis.

Beim Schnellschachturnier, das nach der 4.ten Runde stattfand, kam er auf einen starken 34.ten Platz: https://sgdo.info/sommerschnellschach-mit-top-besetzung-und-ueberraschenden-ergebnissen

Und im Blitzturnier nach der letzten Runde auf den 29.ten Platz: https://sgdo.info/paul-stych-ist-neuer-dortmunder-stadtmeister


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