Wo zur H**** ist Bad Kissingen? Das dachte ich, als ich den Hinweis von Walter Rädler in seinem exzellenten Newsletter las. Dem war nämlich das Programm zur Schachakademie beigefügt, und das strotzte nur so vor Highlights: Berichte von Jana Schneider; Turnierbegleitung und Umgang mit Niederlagen; Schachhistorie und Schach-Didaktik;…
Ich war interessiert, und auch wenn das zur Trainerausbildung in Bayern gehört, Fragen kostet ja nichts. Also eine Anfrage an die Verantwortliche geschickt, und dann einige Tage nichts gehört. Ich dachte schon, das geht halt nicht, aber dann kam die überraschende Antwort, dass es schon möglich wäre. Und Google Maps sagte, dass man in 5,5 Stunden mit dem Deutschlandticket hinkommt (was ich habe). Also zugesagt, und vorher noch mit den Kids der U10 (siehe den separater Bericht über deren Teilnahme bei der Württembergischen Vereinsmannschaftsmeisterschaft U10) geredet, dass die am Samstag, den 21.9. trotzdem ihr Turnier spielen können.
Start am Freitag
Die Fahrt überspringe ich, trotz 4-Mal umsteigen hat alles geklappt, und auch den Fußweg zum Heiligenhof in Bad Kissingen habe ich irgendwie geschafft. Rechtzeitig da, und es startet mit einem Abendessen. Leider kenne ich niemand, setze mich halt irgendwo hin, und denke, die Stimme kenne ich. Ich habe dann das Abendessen mit Michael Busse geplaudert (schöne Grüße an Rafael, man kennt sich), der bei den ChessTigers seinen Podcast Schachgeflüster veröffentlicht. Abends hat dann Jana Schneider (WGM, Nationalkader) was zur Turniervorbereitung erzählt.
Akademie am Samstag
Es gab meistens 3 Slots, die man parallel besuchen konnte, man musste sich aber vorab entscheiden. Bei mir startete es mit dem „Aufbau eines Eröffnungsrepertoires“ von Cédric Oberhofer. Er ging dabei zuerst auf den Aufbau eines Repertoires für Spieler bis ~1300 DWZ ein, danach etwas ausführlich auf das Repertoire der Spieler darüber. Bei den Spielern bis DWZ 1300 reichen meist noch die Prinzipien, darüber wird es komplizierter. Die Rolle des Trainers dabei ist aber, den Spieler bei seiner Entscheidung (was ist für mich das richtige Repertoire) zu beraten.
Nach dem Mittagessen (JuHe-Qualität) war ich dann beim IM Herbert Bastian, der seinen Vortrag vom Morgen fortsetzte, mit dem Schwerpunkt „Didaktik und Schachgeschichte II: Stellungsurteil, Planfassung, Klassische Partien“. Unglaublich, was ein Mensch über Schachgeschichte alles wissen kann, und was hier noch offen ist und erforscht werden kann. Er hatte zur Untermalung einige Übungsblätter dabei (selbst gemacht für den D3-Kader in Bayern), die jeweils aus klassischen Partien stammten, und ein Thema auf Niveau Stappen 5+ behandelte. Aber im Publikum saßen genügend Cracks (DWZ > 2.200), ich saß oft staunend daneben. Ich werde einige der Themen irgendwann in die Schach-AG für die sehr fortgeschrittenen bringen.
Nach einer Kaffeepause ging es dann weiter mit Michael Busse, der einiges zu den „10 besten Methoden zur Schachverbesserung“ zu erzählen hatte. Viele Ideen, einige kannte ich schon, andere hat er anders bewertet, in Summe aber eine (sehr) runde Sache. Und ja, er hat natürlich auch Werbung für sein Buch, den Schach-Booster gemacht, aus dem das ganze Material genommen wurde. (Aber er hat das Buch dann nicht verkauft.) Der Vortrag war für mich Inspiration, nochmal über meine Materialien für die SVW-Online-Workshops zu gehen, und das eine oder andere zu vertiefen.
Nach dem Abendessen war dann noch eine offene Runde zum Thema „Diskusson: Jugend-, Mädels- und Frauenschachförderung“ geplant. Das Interesse war groß, der Einstieg kontrovers, und nachdem man sich einig war, dass der (am Ort weilende) Schach-Präsident Interesse an dem Thema haben sollte, wurde der (leider) fix geholt, und die Diskussion änderte sich massiv. Aber nach der Runde fanden sich einige Interessierte (mit mir), die das Thema weiter besprechen wollten. Und das war dann richtig gut, und ich konnte einige neue Kontakte knüpfen. Gegen 12:00 wurde ich dann wirklich müde, schließlich sollte noch ein Tag kommen.
Abreisetag
Am Sonntagmorgen war noch ein Slot geplant, ich hatte mich für „Wettkampfbegleitung und Umgang mit Niederlagen“ gehört. Eine muntere Runde, viele gute Diskussionen, und die Erkenntnis, dass wir beim Schachclub doch nicht so falsch liegen. Man kann immer was besser machen, aber wir sind schon ganz ordentlich unterwegs. Was wir definitiv bei längeren Turnieren und Wettkämpfen besser machen müssen, ist die Vorbereitung und Begleitung während der Spiele: leichteres Training; achten auf die Ernährung; für Bewegung in den Wettkampfpausen sorgen; …
Bezüglich dem Umgang mit Niederlagen wussten wir schon das meiste, im Kern geht es um die AAA-Methode: Akzeptieren, Analysieren, Abhaken.
Nach einem (sehr) schnellen Mittagessen habe ich mich dann verabschiedet, und den langen Fußweg zum Bahnhof angetreten. Rückfahrt in vollen Zügen, aber ohne wesentliche Verspätung, und das Internet war teilweise da, so dass ich das eine oder andere arbeiten konnte (unter anderem auch an diesem Artikel).
Fazit
Würde ich wieder hingehen? Definitiv! Ich hatte schon 2 mal die C-Trainer-Verlängerung beim SVW gemacht, mit immer demselben Programm (nicht so ähnlich, identisch!). Von daher war es eine wohltuende Abwechslung, andere Leute und andere Themen zu sehen.
Was mich erstaunte war, dass die Veranstaltung mit ~30 Personen nicht übermäßig gut besucht war. Die Finanzierung scheint schwierig zu sein, ich würde auch gerne 150 – 200 € für so eine Veranstaltung bezahlen. Mit 45€ war sie ein Schnäppchen!
PS: Ich habe einen Großteil der Folien bekommen, und möchte die nicht einfach so online stellen. Fragt mich einfach, wenn euch was interessiert, dann schauen wir mal.
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