Vielen von euch ist wahrscheinlich das Format der Württembergischen Amateurmeisterschaft (WAM) ein Begriff. Dort werden die Spieler gemäß Spielstärke in Vierergruppen eingeteilt und es wird ein Rundenturnier gespielt. Bei der Deutschen Schach Amateurmeisterschaft (DSAM) läuft es ähnlich. Die Anmeldung ist in sieben Spielstärkegruppen möglich, wobei die DWZ 2300 nicht übersteigen darf. Innerhalb dieser Gruppen werden fünf Runden mit 90 Minuten für 40 Züge und anschließend noch 15 Minuten und 30 Sekunden pro Zug gespielt. Die besten sieben der Rangliste qualifizieren sich für das Finale, welches später im Jahr und mit allen Qualifizierten der sieben Qualifikationsturniere ausgetragen wird (Ausführlich: https://www.dsam-cup.de)

Ich war bei der allerersten stuttgarter Ausgabe vom 9. bis 11. Februar 2024 dabei und trat in der C-Gruppe (DWZ 1750 – 1900) an. Es gab 70 Teilnehmer von denen ich als 56. startete. Fotos finden sich auf Flickr (dort kann man auch Audrey und Tiffany mal wieder sehen).

Runde 1

Zunächst spielte ich gegen einen Gegner meines Alters, immerhin mit einer stattlichen DWZ von 1868 und einer Elo von 1797 ausgestattet. Er spielte mit Schwarz ein bekanntes Gambit, verfuhr sich aber schnell und stand trotz spektakulärem Damenopfer mit Minusbauer und passiverer Stellung da. Ich konnte dies großartig nutzen, verstärkte meine Stellung und drang schlussendlich entscheidend ein.

Runde 2

Meinen zweiten Gegner kannte ich vom Sehen aus Böblingen (allerdings 2022), damals rangierte er bei etwa 1750 DWZ, inzwischen sind es 1836, aber zu meinem Leidwesen nur 1618 Elo. Er eröffnete wie vorausgesehen mit Englisch und es entwickelte sich ein offener Kampf, in dem meine Angriffsbemühungen durch seinen Druck auf meine schwachen Bauern gebremst wurden. Schließlich glaubte ich die Oberhand zu gewinnen, durch eine erzwungene Zugwiederholung ging diese Partie leistungsgerecht mit Remis aus.

Runde 3

Diese Runde war außergewöhnlich. Aus der Eröffnung heraus entstand scharfes Spiel, ich hatte wie in Böblingen in der letzten Runde einen Bauern für Raum und schnelle Entwicklung gegeben. Hier machte mein Gegner aber sofort einen Fehler, welchen ich mit (wie sich herausstellte) chirurgischer Genauigkeit in einer dynamischen Stellung ausnutzte. Sowohl mein ebenfalls noch junger Gegner (DWZ 1857/ Elo 1761), mit dem ich mich im Nachgang auch sehr gut verstand, als auch ich waren erstaunt, als feststand, dass ich nach der bekannten Theorie bis auf ein winziges (aber völlig unbedeutendes) Detail ausschließlich die besten Züge gefunden habe.

Runde 4

Auch in Runde vier spielte ich ausgesprochen gut, so aber auch meine jugendliche Gegnerin, weshalb sich eine vollkommen ausgeglichene Partie entwickelte, welche nach kurzer Zeitnot in ein ebenso monotones Endspiel mündete. Folglich war auch hier der Ausgang ein Unentschieden.

Runde 5

Zu meiner Überraschung lag ich vor der letzten Runde auf dem 2. (!) Rang, dennoch galt für mich nur ein Sieg, weil ich aus Erfahrung wusste, dass das Spiel auf Remis oft auch verloren gehen kann. Mein erfahrener Gegner, welcher vormals über 2000 DWZ hatte, inzwischen aber auf 1867 (1841 Elo) abgerutscht war, kam gut aus der Eröffnung und stand aktiver, jedoch tauschte er seine besten Figuren ab und brachte mich so zurück ins Spiel. Daraufhin ging ich volles Risiko und spielte einen Bauerndurchbruch, welcher mir tatsächlich wenig später eine gewonnene Stellung bescherte. Unter beidseitigem Zeitdruck wusste ich diese Gelegenheit leider nicht zu nutzen und es entstand ein Endspiel, in dem ein Remis ein relativ wahrscheinliches Ergebnis ist. Unglücklicherweise übersah ich mit einer Minute auf der Uhr eine Taktik, die mich das Spiel kostete.

Insgesamt verpasste ich als 17. wie in Böblingen und bei der vergangenen BJEM um einen halben Punkt einen Preis beziehungsweise eine Qualifikation, wobei bei allen Turnieren in der letzten Runde dieser halbe Punkt drin gewesen wäre. Trotzdem kann ich mich nicht beschweren, da das mein mit Abstand bestes Turnier bisher war. Mit einer Leistung von 1926 und einer neuen DWZ von 1820 bin ich durchaus zufrieden und schaue, was die nächsten Turniere bringen werden.

Selbstverständlich dürfen auch Partieausschnitte nicht fehlen:

Des Gegners Damenopfer half nicht:

Eine (nahezu) perfekte Partie:

Ein spannender Schlagabtausch zum Abschluss:


3 Kommentare

Tom · 20. Februar 2024 um 12:13

Gratulation! Ein weiterer Schritt nach vorne! Jetzt wird es langsam richtig interessant und herausfordernd für dich! Kann man die Partien irgendwo nachspielen? Wäre super interessant… 😉 Weiterhin viel Erfolg und auch das nötige Quentchen Glück das man manchmal braucht!

2

Markus · 22. Februar 2024 um 13:40

Ich bin mit Jan Philipp die Partien durchgegangen, und bin selbst immer wieder erstaunt, wo er inzwischen angekommen ist. Und nicht zu vergessen, dass er sich auch traut, einen Artikel dazu zu entwerfen und den zu veröffentlichen. Großartig, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, was noch alles kommen wird.

3

Rafael · 27. Februar 2024 um 20:18

Wir freuen uns immer alle riesig mit bei jedem neuen Erfolg von dir. Eröffnungswahl und Zeitnot kosten dich aktuell noch ein paar Punkte aber langfristig hilft es dir, weil du interessante, komplizierte Stellungen erhältst, viele verschiedene Strukturen spielen musst und dich so kontinuierlich weiterentwickeln kannst. Herzlichen Glückwunsch!

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert