Der Schachclub Stetten führt seit einigen Jahren zusammen mit der Lindachschule eine Schach-AG durch, aktuell montags für die Fortgeschrittenen online, und donnerstags in 3 Gruppen die Schach-AG vor Ort. Aber was muss eigentlich alles passieren, damit die Schach-AG in der Form durchgeführt werden kann? Der folgende Artikel versucht einen vollständigen Überblick, unter anderem auch, weil wir uns für das Qualitätssiegel Deutsche Schachschule bewerben wollen (aber das ist eigentlich eine andere Geschichte). Ich versuche mal einen Überblick, und gehe dann auf die einzelnen Arbeiten im Detail noch ein.
Damit die Schach-AG in der Form durchgeführt werden kann, muss folgendes erfüllt sein:
- Wir brauchen genügend finanzielle Mittel, um so Dinge wie Beamer, Leinwand, Schachlehrmaterial, … zu beschaffen.
- Wir brauchen einen Ort, an dem die Schach-AG durchgeführt werden kann:
- Vor Ort in der Festhalle
- Online auf Discord und Lichess
- Wir brauchen Teilnehmer, und zwar immer wieder neue Teilnehmer der Lindachschule.
- Wir brauchen Trainer, die entsprechend ausgebildet sind.
- Wir brauchen Unterrichtsmaterialien.
- Wir brauchen einen Plan über die Zeit, wie die Materialien im Unterricht eingesetzt werden sollen.
- Wir brauchen (viel) Zeit, um die Schach-AG jede Woche dann mit ihren Terminen vorzubereiten und durchzuführen.
- Wir brauchen zusätzlich Zeit, um die Schüler, die nicht nur an der AG, sondern auch an Schulschach- und Jugendpokalturnieren teilnehmen wollen, zu betreuen und ihre Partien zu analysieren.
Das ist eine Menge, und wenn man den Berg so sieht, könnte man gleich aufgeben 🙂 Zum Glück ist das alles nach und nach entstanden, bis es in der heutigen Form zur Verfügung stand.
Vorbereitung
Beschaffung der Mittel
Das ist glücklicherweise gut geregelt, und inzwischen auch routiniert eingespielt. Ohne in die Details zu gehen sind das die folgenden Punkte:
- Wir führen schon immer die Kooperation Schule-Verein durch, und beantragen im Mai jeden Jahres zusammen mit der Lindachschule die Förderung für das nächste Schuljahr. Im Sommer muss dann ein Bericht über das abgelaufene Schuljahr geschrieben werden, damit der WLSB dann die Förderung ausschüttet.
- Markus ist aktiver C-Trainer, und kann die Schach-AG-Stunden als Trainingsstunden in Rechnung stellen. Der WLSB erstattet jede (Schul-)Stunde mit 2,50 Euro, so dass am Ende auch ein dreistelliger Betrag zustande kommt, der von Markus dann gespendet wird.
- Die Stadt unterstützt die Vereine mit der Jugendförderung, d.h. jedes Jugendmitglied (das in Leinfelden-Echterdingen wohnt) wird von der Stadt bezuschusst.
In Summe kommt dabei jedes Jahr so viel zusammen, dass wir regelmäßig Hefte beschaffen, die wir den Teilnehmern schenken. Zudem übernimmt der Verein alle Teilnahmebeträge für alle Jugendlichen bei allen Turnieren.
Veranstaltungsort
Wir haben seit Jahren die Erlaubnis der Stadt, im Vereinszimmer der Festhalle am Donnerstag ab etwa 16:00 Uhr die Schach-AG und den Vereinsabend durchzuführen. Wir hatten vor Corona noch Montag abends dann ebenfalls das Vereinszimmer in Nutzung, haben das aber während Corona auf online umgestellt, und nun auch so gelassen. Wenn die Festhalle durch andere Veranstaltungen blockiert ist (was in letzter Zeit relativ häufig vorkam) haben wir die grundsätzliche Erlaubnis der Stadt, nach Absprache mit dem Hausmeister auch in den Musiksaal der Lindachschule auszuweichen.
Online haben wir seit Corona sehr viel aufgebaut, das an anderer Stelle schon sehr gut beschrieben ist. Die Erfahrung mit dem Online-Unterricht hat uns auch dazu bewogen, auch den Vorort-Unterricht teilweise online durchzuführen. Dazu wurde ein Beamer und eine Leinwand beschafft, Markus bringt seinen Laptop mit und ist mit seinem Handy dann online. Wer mehr zum Online-Unterricht lesen möchte kann das hier finden: Online-Workshops des SVW, Wie sieht eine Schach-AG Online-Session aus? oder auch in dem Artikel, den wir beim Schachbund eingestellt hatten.
Teilnehmer
Die Schach-AG soll ein Angebot für alle sein, auch wenn viele nach kurzer Zeit wieder aufhören. Wir gehen deshalb immer an die Schule mit dem Angebot, in etwa 9 Monaten den Kindern so viel Schach beizubringen, dass sie ihre Eltern und Großeltern schlagen können. Dazu macht Markus immer einen Termin mit der Schulleitung aus, an dem er dann durch (meist) die Klassen 1 und 2 zieht, manchmal auch noch Klasse 3, um erneut Werbung für die Schach-AG zu machen. Der schönste Moment ist, wenn Markus mit seinem Schach-T-Shirt in die Schule kommt, und die ersten Schüler sagen: ¨Da kommt wieder der Mann von der Schach-AG!¨. Und wir schaffen es auch dann regelmäßig, dass 15-20 Schüler neu beginnen, auch wenn dann nach 8 Monaten selten mehr als 6-8 noch dabei sind.
Trainer
Jürgen hat vor ewigen Zeiten mal den C-Trainer gemacht (sicher schon 20 Jahre her), ihn aber leider nie verlängern lassen, so dass sein Trainerschein inzwischen abgelaufen ist. Robin hat zusammen mit Markus vor etwa 7 Jahren das Schulschachpatent bei Walter Rädler gemacht, was eine gute Grundlage bot. Markus hat dann kurz danach den C-Trainer gemacht, und seitdem zweimal verlängern lassen. Zudem hat Markus schon mehrfach an Trainings teilgenommen, die online verfügbar waren: ein online Schulschachpatent von Boris Bruhn, oder die europäische Schulschachkonferenz, die sonst in London stattfindet.
Aktuell sind beim Training immer Markus und Jürgen dabei, was ein Glück ist, da man die beiden Gruppen, die parallel ab 18:00 Uhr unterrichtet werden, sonst nie betreut bekäme.
Unterrichtsmaterial
Das kann hier nur angerissen werden. Früher hatten wir den (billigen) Brackeler Schachlehrgang beschafft (Bauern-, Springer-, Läufer- usw. Diplom), und dann am Ende eine Prüfung gemacht. Über das Schulschachpatent hat Markus Bekanntschaft mit der Stapen-Methode (holländisch für Stufe) gemacht, die viel ausgereifter, tiefer und breiter ist, und hat mit der Zeit alle Trainingsbücher und Hefte beschafft. Das Material wurde dann auf Google Docs so aufbereitet, dass es ausgedruckt am Demobrett verwendet werden konnte. Mit dem Online-Unterricht hat das nicht mehr funktioniert, und so wurden die Inhalte nach und nach als Studien nach lichess.org übertragen. Dort haben wir inzwischen etwa 150 Unterrichtseinheiten gesammelt, und hin und wieder werden neue erstellt. Die Ideen aus der Stapen-Methode werden ergänzt durch Material der RochadeKids (inzwischen 24 Hefte), dem Karpov-Buch zur Stellungsbeurteilung, Material der Chess Tigers, und was man sonst noch so findet. Neben dem reinen Unterricht gibt es auch Übungsmaterial (auch teils online), und wir haben manche der Inhalte auch als Quiz aufbereitet, die Plattform dazu ist quizizz.com. Der Vorteil an dem Online-Unterrichtsmaterial ist, dass man das (echt) online wie auch im Unterricht vor Ort, dann mit Beamer und Leinwand, verwenden kann.
Wir beschaffen auch regelmäßig Übungshefte, in letzter Zeit von der Zeitschrift RochadeKids, die sehr schöne Hefte herausgibt. Die Hefte bekommen die Kinder von uns geschenkt, da wir die finanziellen Mittel ja haben (siehe oben).
Plan
Damit daraus ein ordentlicher Unterricht wird, wird alles Material zentral gesammelt, und dann in eine Reihenfolge gebracht, damit alles schön aufeinander aufbaut. Das Kunststück dabei ist, dass 3 Gruppen donnerstags immer individuell unterschiedlich unterrichtet werden, zudem die Fortgeschrittenengruppe montags dann noch anderes Material braucht. Dabei sollte jede Unterrichtsstunde einen Mix aus Theorie, Üben und auch Spiel und Spaß sein. 20 Minuten Unterricht sind meist zumutbar, manchmal geht auch ein wenig mehr. Und wir haben (auch durch den Schulschachkongress letztes Jahr) noch einige Dinge mehr im Köcher: das Fussballschach ist der Renner; ab und an auch Würfelschach; die Anfänger spielen gerne das Pferdeäpfelspiel; und manchmal besteht die Schach-AG nur aus einem großen Spaß-Turnier oder einem Quiz. Ein bunter Mix eben …
Durchführung
So, wenn man das alles zusammen hat, wie wird daraus nun ein Unterricht? Und was muss dann noch alles passieren?
Durchführung der Schach-AG
Markus ist meist 45 Minuten vor Beginn des Unterrichts (donnerstags) da. Aktuell müssen im Foyer Tische und Stühle aufgestellt werden (wegen Corona wird das Vereinszimmer immer noch nicht genutzt), dann werden die Bretter, Figuren und anderes Material geholt, und alles aufgebaut. Seit einigen Monaten heißt das auch Beamer und Leinwand, samt dem Laptop, der über das Handy dann ins Internet kommt. Die vorbereitete Studie wird in den Browser geladen, damit ist alles vorbereitet.
Nach und nach trudeln die Kinder der ersten Gruppe ein, und wer schon da ist, macht ein freies Spiel gegen eines der anderen Kinder. Wenn sich dann alle warmgespielt haben, dann finden sich alle vor der Leinwand ein, und Markus führt durch den aktuellen Inhalt. Manchmal werden auch Stellungen auf dem Schachteppich vorgeführt, und Kinder können dort ihre Lösungen selbst ausprobieren. Je nachdem gibt es dann noch Übungen im aktuellen Schulschachheft, oder die Kinder spielen nach ihrer eigenen Lust und Laune Schach gegeneinander.
Gegen 18:00 Uhr sind dann die zweite und dritte Gruppe da, die parallel zueinander unterrichtet werden. Das heißt, solange eine Gruppe an der Leinwand an einem Thema arbeitet, hat die andere Gruppe freies Spiel, oder auch Aufgaben zu lösen. Zur Halbzeit wird gewechselt, und die andere Gruppe bekommt nun ein neues Thema, die erste Gruppe hat Aufgaben oder freies Spiel.
Die Kinder haben sich an den ganzen Ablauf schon recht gut gewöhnt, so dass man hin und wieder auch was anderes ausprobieren kann. Mal ein Quiz, zusammen Aufgaben auf Lichess lösen, oder auch mal eine schöne Partie auf der Leinwand anschauen und die Züge durchsprechen.
Teilnahme an Turnieren
Nur Schach lernen, ohne es je anwenden zu können, ist doof. Deshalb laden wir die fortgeschrittenen Kinder immer wieder ein, an Turnieren teilzunehmen. Leider ist das Angebot an Schulschachturnieren sehr gering, die letzte Teilnahme war im Bezirk im Februar 2020, und dann kam Corona. Aber die fortgeschrittenen Kinder sind alle fit genug, Partien aufzuschreiben, können Mattsetzen und dem Schäfermatt aus dem Weg gehen, damit haben sie die Mindestvoraussetzungen für eine Turnierteilnahme erfüllt. Aktuell beginnt die Deutsche Jugendmeisterschaft, die 2022 mit Audrey, Lucia und Tiffany aus unserer Jugend stattfindet.
Damit es den Jugendlichen etwas leichter fällt, begleiten die Trainer sie zu einigen Turnieren. Auch wird immer das Startgeld übernommen, so dass bis auf die Anreise und Verpflegung keine Kosten entstehen. Ganz wichtig auf den Turnieren, vor allem danach ist die Analyse zusammen mit den Schülern. Beim Spielen, vor allem beim Analysieren der selbst gespielten Partien lernt man unglaublich viel, was sich auch durch nichts anderes ersetzen lässt.
Und warum machen wir das?
Einfach weil es Spaß macht! Ja, zu Beginn hatten wir auch den Traum, viele neue begeisterte und vor allem begabte Schachspieler zu bekommen, aber das dauert seine Zeit. Und über die Jahre haben wir gelernt, dass der Unterricht an sich schon was tolles ist. Markus zumindest bekommt donnerstags gegen 16:00 Uhr, wenn er Richtung Schach-AG unterwegs ist, ein Grinsen ins Gesicht, das er bis nach der Schach-AG gegen 19:00 Uhr nicht mehr aus dem Gesicht bekommt.
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