Der Schulschachkongress fand schon zum X-ten Mal statt, für Markus war es erst die zweite Teilnahme, nachdem er letztes Jahr krankheitsbedingt nicht fahren konnte. Um so größer war die Vorfreude, diesmal wieder Impulse für die Arbeit in der Schach-AG und dem Jugendschach mitnehmen zu können. Am Freitagabend (mit verspäteter Ankunft, von daher nur den zweiten Teil mitbekommen) gab es einen schönen Überblick über das Schulschach vom IM Harald Schneider- Zinner, der bekannt ist durch seine vielen Veranstaltungen mit der Chess Sports Association, die vor zwei Jahren erst gegründet wurde. Er hat versprochen, seine Folien nach dem Kongress zur Verfügung zu stellen, die Einblicke in das österreichische und schweizerische Schulschach war sehr erhellend. Danach fanden sich die meisten Teilnehmer bei einem Upsucker an der Hotelbar ein, ich unterhielt mich nett mit einem Paar aus Freiburg.

Am nächsten Morgen ging es dann richtig los. Ich hatte mich zu 3 Slots eingetragen, und bei 2 hatte ich ein richtig gutes Händchen.

Los ging es mit „Die 3 Phasen der kindlichen Schachentwicklung“ von Harald Schneider-Zinner. Wunderbar, wie er es schaffte, einen in die Entwicklung eines Kindes eintauchen zu lassen. Auch wenn man das alles schon mal gehört hatte, war es gut, daran erinnert zu werden:

  1. Materialphase: Es geht (nur) ums schlagen, dass dabei eigene Figuren geschlagen werden, ist eher zweitrangig. Ein typischer Dialog: Kind A: ‚Ich habe gewonnen, ich habe dich matt gesetzt‘. Darauf Kind B: ‚Aber ich habe Deine Dame gewonnen!‘. (Unsere Kids sind gottseidank inzwischen über die Materialphase hinaus.
  2. Raumphase: Jetzt kommen die 3 goldenen Regeln ins Spiel, Kinder verstehen, warum jemand besser oder schlechter steht. Jetzt kann man schon die ersten Pläne entwickeln, das Kind „versteht“ Schach nun besser.
  3. Zeitphase: Wenn das Kind hier angekommen ist, dann hat es verstanden, wie wichtig jedes Tempo ist, und wie vernachlässigbar dann doch Material und/oder Raum sind, wenn man am Ende den einen Zug schneller ist.

Es war eine Wonne, die vielen Beispiele zu sehen, auch selbst auszuprobieren, und jetzt auch besser zu verstehen, warum die Stappen-Methode (die wir sehr breit einsetzen) genau richtig ist. Toll, mit vielen weiteren Hinweisen, Buchtipps, … (werde ich nach und nach ergänzen).

Zwischendrin konnte man CCC besuchen, um sich über ausgestellte Projekte zu informieren.

Danach hatte ich mich nicht recht entscheiden können, und ging dann in „Methodik Kinderschach bis hin zu Training mit Dyskalkulie-Kindern“ (was sich am Ende als wenig interessant erwies). Hier die Zusammenfassung (und viel mehr kam auch in den zwei Stunden nicht raus): Es wurde in einem breiten Feldversuch nachgewiesen, dass Dyskalkulie-Kinder, die statt 5 Stunden Mathematik 4 Stunden Mathe und 1 Stunde Schach in der Woche hatten, im Vergleich zur Vergleichsgruppe in einigen mathematischen Disziplinen signifikant besser abschnitten. Der initiale Block über Kinderschach in Deutschland fand ich wenig interessant, in vielen Aussagen auch grenzwertig.

Danach kam (für mich) das High-Light der Konferenz. Manfred Grömping stellt sein Thema „Denkschulung in spielerischer Form am Schachbrett“ dar. Was sich zuerst ein wenig trocken anhört, stellte sind dann als überragend heraus. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll:

  • die Kollegen hatten zwei große Tische mit sehr, sehr viel Material aufgebaut
  • im Vortrag wurde kurz die Schule umrissen:
    • seit 30 Jahren Schach-AG, seit 15 Jahren Schach als Schulfach für alle Klassen (!!). Anlass war hier die Trierer Studie (hier Langversion), die hier endlich mal jemand ernst genommen hatte
    • zwei eigene Schach-Klassenzimmer
    • am Anfang bekam jede Klasse 1 Stunde in der Woche Schachunterricht, später hat man das dann nur noch für die Klassenstufe 2-4 angeboten.
    • die Schach-AG läuft natürlich immer noch …
  • die vielen Impulse während des kurzen Vortrags, und beim Anschauen des Materials

Manfred stellt mit seinen Kollegen dann einige der Materialien die er mitgebracht und (oft) selbst gebastelt hatte vor. Sein Kollege stellte danach einige Spiele vor, die auf ähnlichem Material basieren (Schachbrett, teils Figuren), die oft aber auch nur strategisch herausfordernd sind. Mein Plan der Anschaffungen für die nächsten Jahre nimmt schon Gestalt an, mal sehen, ob man das eine oder andere dann auch umsetzen kann. Zwischendrin hatte man Zeit, sich beim ausgestellten Material zu informieren, oder auch mal ein Spiel an- oder sogar durchzuspielen.

Abends gab es dann die Schulschachpädagogische Nacht. Ich sass mit einem netten Ehepaar aus Regensburg am Tisch, und hatte viele Fragen zu ihrer Art, Schach-AG in der Schule durchzuführen. Bei ihnen ist die 5. und 6. Stunde immer Projektstunde, und die füllen sie JEDEN TAG mit der Schach-AG. Die Kinder werden dann Mitglied im Club, der hat zur Zeit 250 Mitglieder (etwa 80 davon sind aktiv in irgend einer Form). Beim anschließenden Rätsel hatten wir am Ende ein Schachproblem zu lösen, das ich noch nicht kannte.

Hier kann man die Stellung auf Lichess ausspielen …

Ich hoffe, man kann die Figuren gut genug erkennen. Wunderschön, muss man auf einem richtigen Brett mal ausprobieren, wie der König magisch die Diagonale entlanggezogen/-geschoben wird.

Am nächsten Tag gab es noch ein Treffen der Schachschulen, und auch die Schulschachreferenten der Länder trafen sich. Markus schlief ein wenig länger, und machte sich dann nach einem gemütlichen Frühstück auf die Heimreise. Mal sehen, was von den vielen Eindrücken am Ende den Weg in die Schach-AG schafft …


3 Kommentare

Tom · 14. November 2023 um 20:57

Hört sich nach interessanten und spannendenThemen und Informationen an. Vielen Dank für dein Engagement! Schach-Unterricht sollte fester Bestandteil jeder Schule werden! Nicht nur den Kindern und Jugendlichen tut das gut, auch den Schachvereinen würde es helfen.

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Rafael Kloth · 16. November 2023 um 10:37

Ich habe neulich ein kleines Interview gegeben für jemanden, der eine Masterarbeit zum Thema Schach im Matheunterricht schreibt. Schön, wenn sich dass in Deutschland mehr durchsetzen würde. Die Doppelschachaufgabe ist toll. 🙂

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Markus · 16. November 2023 um 12:57

Zu dem Thema gab es reichhaltig Input auf der Konferenz. Ich werde bei Gelegenheit die Studie, die es da gibt, auch nachlesen, um wirklich zu wissen, was man hier erforscht hat. Die Grundaussage war, dass die Beschäftigung (auch) mit Schach für Mathe durchaus einen positiven Einfluss, der auch messbar ist. Und am Besten: Die Kids, die in Mathe Probleme haben, sind bei Schach motiviert und mit Spaß bei der Sache.

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